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Wie «politisch» darf eine Stiftung sein

Förderstiftungen halten sich in der Schweiz traditionell aus dem politischen Dialog heraus. Doch mit der Professionalisierung und der Fokussierung auf spezifische Themenfelder haben sich die Voraussetzungen geändert. Themenarbeit bedeutet auch, dass man jene Prozesse mit beeinflusst, welche die Rahmenbedingungen eines Problems definieren. Auch Förderstiftungen kommen deshalb nicht darum herum, sich mit dem politischen Umfeld zu beschäftigen.

Die Entwicklung der Fördertätigkeit von Stiftungen wurde in den letzten Jahren stark beeinflusst durch ihre Professionalisierung, die auch den Anspruch an die eigene Wirkung stark verändert hat. Die Förderung soll evidenzbasiert und wirkungsorientiert sein. Dieser Anspruch hat folgerichtig zur Themenfokussierung vieler Förderer geführt.

Diese Fokussierung hat eine wichtige Konsequenz zur Folge: Spätestens nachdem man die Forschungsgrundlagen erarbeitet, innovative Projekte entwickelt und bewährte Arbeitsansätze ausgerollt und implementiert hat, kommt man nicht umhin, über die Rahmenbedingungen zu sprechen, in denen die entsprechenden Themen eingebettet sind. Ob in der Bildung, der Migration, der Ökologie oder der Gesundheit, es sind immer auch die gesetzlichen, politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die diese Bereiche markant mitprägen.

Wirkung ist abhängig von den Rahmenbedingungen

Die Wirkung, die man erzielt, ist in erheblichem Mass von diesem Rahmen abhängig. Hier muss jede Stiftung entscheiden, ob sie an der politischen Verhandlung dieser Rahmenbedingungen teilnimmt, sie evtl. sogar so zu beeinflussen versucht, dass man dem Erreichen des Wirkungsziels etwas näher kommt. Sei es bei der Frühförderung, der Inklusion von Menschen mit einer Beeinträchtigung oder der Chancengerechtigkeit zwischen Männern und Frauen, man kommt kaum darum herum, sich zu äussern – denn sich nicht zu äussern ist ebenso «politisch».

Advocacy ist ein wichtiger Teil der Arbeit

In Diskussionen hört man zwar oft, dies sei nicht die Aufgabe von Förderern. Doch Förderung hat immer vier mögliche Zielbereiche:

  1. Die Schaffung der notwendigen Grundlagen durch Forschungsförderung.
  2. Die Entwicklung neuer Lösungsansätze durch Innovationsförderung.
  3. Die Ausbreitung von bewährten Arbeitsansätzen durch Mulitplikationsförderung.
  4. Die Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen durch Advocacy oder deren Förderung.

Der Bereich Advocacy wird von den meisten Stiftungen als nebensächlich betrachtet, oft mit dem Hinweis auf die Stiftungsurkunde, welche die eigene Organisation als «überparteilich und überkonfessionell» ausweist. Doch es geht weder um Parteien noch um Konfessionen, sondern um jene Faktoren, die das Erreichen des Stiftungsziels mitbestimmen. Und dies ist nicht nur die operative Arbeit oder die Forschung.

Zeit, Erfahrungen zu sammeln

Im Schweizer Konkordanz-System spielt der NPO-Bereich eine ungleich wichtigere Rolle als in anderen Demokratien. Seit 200 Jahren, spätestens seit der Gründung der SGG, bestimmt der 3. Sektor ganz massgeblich mit, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt. Hier besteht ein Handlungsspielraum, der auch von Förderstiftungen bewusst genutzt werden soll – eine alte Tradition, die wieder neu gelernt werden muss.

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