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Über die Endlichkeit von Stiftungen (Teil 1)

Das Modell der ewigwährenden Stiftung ist zwar fester Bestandteil der schweizerischen Philanthropie, doch ist es, zumindest bezüglich seiner rechtlich-formalen Manifestation, längst nicht mehr alleinige Realität. In 2015 wurden gemäss Stiftungsreport 335 Stiftungen gegründet, jedoch waren dem Handelsregister auch 190 Löschungen zu entnehmen. Dieses Verhältnis von Neugründungen und Liquidationen bei Stiftungen ist daher nahezu vergleichbar mit demjenigen von anderen Rechtsformen.

Merkmale aufgelöster Stiftungen

Die Tabelle stellt die 190 gelöschten gemeinnützigen Stiftungen im Jahr 2015 dem Gesamtbestand vom April 2015 gegenüber. Werden die begünstigten Themen der liquidierten Stiftungen sowie die geografischen Wirkungskreise mit denen der Stiftungen im Gesamtbestand verglichen, fällt auf, dass die aufgelösten Stiftungen proportional grösstenteils dem aktiven Grundbestand der Stiftungslandschaft entsprechen. Stiftungen werden also grundsätzlich über alle Themenbereiche gelöscht, obwohl die Stiftungen im Bereich Soziales und Bildung bei den Stiftungsliquidationen anteilsmässig etwas schwächer und kulturelle etwas stärker vertreten sind. Ausserdem ist der Anteil der operativen Stiftungen im Bestand gelöschter Stiftungen grösser als in der Grundgesamtheit.

Gegenüberstellung Stiftungslöschungen und Gesamtbestand 2015

Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit einer Stiftungsauflösung nicht vom Alter der Stiftung abhängig. Entsprechend dem Grossteil der heutigen Stiftungslandschaft, der erst in den vergangenen zwei Jahrzenten entstanden ist, werden auch viele Stiftungen mit solchen Gründungdaten gelöscht. Die gelöschten Stiftungen sind im Durchschnitt gleich alt wie die Stiftungen im Gesamtbestand. Der Heimatkanton scheint für die Wahrscheinlichkeit einer Löschung ebenfalls weniger relevant zu sein. Jedoch ist der Anteil der Luzerner Stiftungen bei den Löschungen etwas kleiner als im Grundbestand (1% vs. 4%), was etwa auf eine unterschiedliche Praxis bei den kantonalen Stiftungsbehörden hinweisen könnte.

Blackbox Löschungsmotive

Die Betrachtung der Stiftungseigenschaften der gelöschten Stiftungen, die lediglich auf den öffentlich publizierten Informationen beruhen, können jedoch nur beschränkt Erklärungsfaktoren für Stiftungsliquidationen liefern, zumal sie keine Hinweise über den möglicherweise bedeutsamsten Einflussfaktor liefern: das Stiftungskapital. Die Auswertung von Interviews mit ehemaligen Stiftern und Ratsmitgliedern durch das VMI zeigt, dass die Grösse Stiftungskapital in der Tat eine zentrale Rolle spielt. Die erfragten Gründe für die Stiftungsauflösungen werden im nächsten Blogeintrag hier im Science Corner vorgestellt.

Merkmale gelöschter Stiftungen, Schlussfolgerungen

  • Obwohl es sehr alte Stiftungen gibt, sind Stiftungen nur im Modellfall ewige Konstrukte.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Stiftung gelöscht wird, ist nicht vom Alter derselben abhängig.
  • Soziale und bildende Stiftungen währen etwas länger, kulturelle und operative Stiftungen etwas kürzer.

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