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Stiftungs- oder Staatsaufgabe? Rolle und Chancen für Förderstiftungen

Anfang Oktober kam an einem Podiumsgespräch von SwissFoundations zum Thema ‚Stiftungen und Politik‘ die Frage auf, wo die Grenzen zwischen den beiden Akteuren ‚Staat‘ und ‚Stiftungen‘ liegen. Wann rückt eine Stiftung zu weit in die Zuständigkeit des Staates vor und wo hören die Aufgaben des Staates auf? Die Frage ist deshalb so komplex, weil beide sich im Feld der Gemeinnützigkeit bewegen und dabei der eine Akteur, der Staat, seine Aufgaben nicht fest definiert, sondern diese laufend in einem demokratischen Prozess neu aushandelt. Wo können dabei die Stiftungen die Grenzen ziehen? Das Thema wird in letzter Zeit häufig angesprochen, weshalb ich meine Gedanken dazu in diesem Blog weiterführe.

Private Förderstiftungen grenzen sich traditionellerweise klar ab von Staatsaufgaben. Sie wollen verhindern, dass sie Aufgaben übernehmen, von denen sich der Staat als Reaktion auf ihr Engagement zurückzieht. Was aber ist mit Themen, in denen der Staat nicht aktiv ist, die aber – gemäss den Stiftungen – in die Zuständigkeit des Staates fallen? Sollen sich die Stiftungen konsequenterweise von solchen Themen fernhalten, obwohl sie hier einen Bedarf erkennen?

Mit ihrem vermehrten Anspruch, einen Beitrag zu leisten an die gesellschaftliche Entwicklung, nähern sich die Stiftungen zusehends dem Staat an. Während Stiftungen jedoch schnell und unbürokratisch auf einen öffentlichen Bedarf reagieren können, muss der Staat zuvor einen klar vorgegebenen, aufwändigen und nicht selten mehrere Jahre dauernden Prozess durchlaufen. Hier eröffnet sich den Stiftungen eine grosse Chance: Sie können eine ihrer besten Karten, ihre kurzen Entscheidwege, voll ausspielen und da fördern, wo es sie am meisten braucht.

Mit dieser ‚systemischen‘ Form der Förderung geht allerdings auch eine gewisse Verantwortung einher. Denn wenn ein öffentlicher Bedarf besteht und ‚nur‘ eine Stiftung darauf reagiert, stellt sich unweigerlich die Frage, was ist, wenn die Förderung ausbleibt.

Um dieses Klumpenrisiko zu vermeiden, haben die Stiftungen zwei Möglichkeiten:

  1. Sie setzen einen Teil ihrer Ressourcen dafür ein, dass das Thema auf die politische Agenda gelangt und zur Staatsaufgabe erklärt wird (Advocacy).
  2. Sie planen noch vor Förderbeginn ihren Ausstieg. Sei es, indem die Förderung nach einer gewissen Laufdauer ihr Ziel erreicht hat und somit abgeschlossen werden kann, sei es, indem die Stiftung und die Projektpartner gemeinsam nach einer Trägerschaft suchen, welche die Förderung weiterführt.

Bei beiden Möglichkeiten sollten die Stiftungen in engem Austausch mit der öffentlichen Hand stehen. Dieser Austausch war übrigens Hauptthema des eingangs erwähnten Podiumsgesprächs, welches den Titel trug: „Plädoyer für einen neuen Dialog zwischen Stiftungen und Politik.“

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