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Gemeinnütziges Engagement in Krisenzeiten: Wie Unternehmen in der Schweiz in den ersten Wochen der Pandemie halfen

Mit der Ausbreitung von COVID-19 auf europäischem Boden häuften sich in der Schweiz die Zeitungsberichte und Medienmitteilungen von Unternehmen zu Produkt- und Geldspenden. Im Gegensatz zu strategischen und langfristig angelegten Corporate Philanthropy Aktivitäten sollte Hilfe in Krisenzeiten auf akute Bedürfnisse schnell und unbürokratisch eingehen. Wie haben Unternehmen in der Schweiz in den ersten Wochen auf COVID-19 reagiert? Ähnlich solidarisch wie grosse Teile der Bevölkerung und genauso flexibel wie viele Nonprofit-Organisationen – oder doch anders? 

Eine systematische Nachrichtenrecherche zeichnet hinsichtlich Unternehmens-Engagement in den ersten Wochen der COVID-19-Pandemie folgendes Bild: Der Umfang des Engagements hat eine grosse Bandbreite. Während einige Unternehmen mit einer einmaligen Spende an eine ausgewählte NPO in Erscheinung treten und damit eher am Rande bleiben, präsentieren andere Unternehmen nach kürzester Zeit einen engagierten Krisenplan, welcher relevante Gruppen in der Gesellschaft und unter ihren Stakeholdern identifiziert und auf deren spezifische Bedürfnisse mit zugeschnittener Unterstützung in Form von Geld, Produkten und ehrenamtlichen Engagement der Mitarbeitenden reagiert. Der häufigste gespendete Betrag beträgt CHF 1 Mio., wobei die gespendeten Beträge pro Unternehmen von CHF 20.000.- bis CHF 5 Mio.- reichen. Einzelne Unternehmen bzw. Corporate Foundations, bspw. die Z Zurich Foundation, stechen mit Beträgen von bis zu 20 Mio. CHF heraus. Die am häufigsten genannten Empfängerorganisationen sind das Internationale Komitee des Roten Kreuzes, das Schweizerische Rotes Kreuz und die Glückskette. Wie die Höhe des Spendenbetrags festgelegt wurde erfährt man allerdings nicht.

Unterstützung ist branchenspezifisch und nur bedingt innovativ

Die Vergabe der Spenden erfolgt in dieser Zeit am häufigsten direkt durch das Unternehmen, seltener werden diese durch die eigene Corporate Foundation abgewickelt, wie z.B. bei der Swiss Re Foundation. Diese anfängliche Zurückhaltung auf Seiten der Corporate Foundations könnte daher rühren, dass Stiftungen nur dann eigene Leistungen oder externe Projekte mit Corona-Bezug unterstützen dürfen, wenn diese in den Bereich ihres statutarischen Stiftungszwecks fallen. 

Die Art der Unterstützung ist stark branchenspezifisch und bleibt nah an den jeweiligen Kompetenzen der Unternehmen. Während Pharmaunternehmen Sachspenden (z.B. Medikamente oder Desinfektionsmittel) tätigen, Krankenkassen dem Gesundheitssektor Freiwillige zur Verfügung stellen und Supermärkte die Verteilungsinfrastruktur für die Lebensmittelversorgung von Bedürftigen organisieren (z.B. via App), spenden Banken Geld.

Initiativen binden auch häufiger als sonst Kunden (bspw. Lidl Schweiz, Helsana) oder/und Mitarbeitende (bspw. Julius Bär Bank, ABB, Nestlé) ein, oft verbunden mit sog. Matching Mechanismen. Diese sehen eine Verdopplung oder Aufstockung des gespendeten Betrags zu einem bestimmten Prozentsatz vor. Es finden sich Beispiele von Solidaritätsfonds, z.B. der UBS Optimus Foundation COVID-19 Response Fund, bei dem jede Kundenspende zu 10% von der Stiftung aufstockt wird. Damit sprechen Unternehmen diejenigen Stakeholder an, die nach Möglichkeiten suchen, sich zu engagieren. Sie fördern auf diese Weise ein Gefühl der Zugehörigkeit und kollektiven Einheit welches langfristig Vertrauen aufbauen kann.

Wirklich innovative Lösungen sind in der Anfangszeit der Pandemie noch nicht beobachtbar, trotzdem finden sich noch nie dagewesene Formen des Engagements. So verzichtet bspw. der Vorstand und alle Führungskräfte der Geschäftsleitung der ABB für einen bestimmten Zeitraum auf einen Prozentsatz ihres Gehalts. Der daraus resultierende Betrag wird vom Unternehmen gespendet

Das eigene Engagement kritisch hinterfragen

Eine Handvoll kritischer Fragen kann Führungskräfte in der Auseinandersetzung mit ihrem bisherigen, unmittelbaren Engagement leiten und bei der Gestaltung ihres weiteren Engagements helfen.

  • Haben wir die Bedürfnisse unserer Stakeholder vollständig und richtig verstanden, die Prioritäten richtig gesetzt und mit unserem Engagement ausreichend darauf reagiert?
  • Haben wir unsere Stärken richtig eingesetzt, um die grösstmögliche Wirkung für die Bedürftigen zu erzielen?
  • Haben wir uns in diesem Zusammenhang ausreichend mit anderen Unternehmen/Corporate Foundations zusammengeschlossen und Kräfte gebündelt?
  • Haben wir uns trotz der notwendigen Schnelligkeit und Dringlichkeit ausreichend um unsere anderen gemeinnützigen Engagements/Themenbereiche gekümmert? 
  • Und schliesslich: Haben wir nicht nur unsere Entscheidungen für unsere Art der Corona-Soforthilfe, sondern auch die Beweggründe für diese Entscheidungen, klar und deutlich kommuniziert?

Für einige Unternehmen könnten ihre gemeinnützigen Aktivitäten in den ersten Wochen der Pandemie der erste Schritt zu einer bewussten Definition ihres philanthropischen Engagements sein, um dort etwas zu bewirken wo es am meisten gebraucht wird. 

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