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Die Kinderlosen – ein Spendersegment mit Potenzial

Viele Kinderlose haben Zeit und Geld. Zeit, sich zu engagieren. Und Geld, das sie dereinst vermachen. Ein Segment, in welches sich lohnt zu investieren, um diese Spender frühzeitig zu binden.

In der Schweiz haben 19 % der Frauen und 21 % der Männer zwischen 50 und 80 Jahren keine leiblichen oder adoptierten Kinder. Kinderlosigkeit ist aber kein Phänomen, das einem Fertilitätsproblem entspringt.

Präindustriell war der wirtschaftliche Misserfolg Hauptgrund, unverheiratet und kinderlos zu sein. Heutzutage sind die Gründe für Kinderlosigkeit mannigfaltig, komplex und vielfach überlappend. Einige wollen einfach keine Kinder. Andere finden nie den richtigen Partner. Einige verlieben sich in Personen, die schon Kinder haben. Wieder andere haben medizinische Probleme. Viele fallen aber in die Gruppe der „ewigen Hinauszögerer“. Sie warten mit der Familiengründung bis die Ausbildung abgeschlossen ist und sie einen stabilen Job mit gutem Einkommen haben. Und dann merken sie, dass es auf einmal zu spät ist.

Von schwedischen Akademikerinnen, die in den späten 1950er-Jahren geboren sind, haben 33 % keine Kinder. Bei den Primarschullehrerinnen sind es nur 10%. Aber aufgepasst! Was auf gut ausgebildete Frauen zutrifft, trifft nicht auf Männer zu. 36 % der in den 1970er Jahren in der damaligen BRD geboren Männer ohne Uni-Abschluss waren in ihren frühen Vierzigern kinderlos. Dagegen waren es bei Männern mit Hochschulabschluss 28%. Frauen haben oft keine Kinder, weil sie Ausbildung und Arbeit in ihren Zwanzig- und Dreissigern die höhere Priorität einräumen. Männer bleiben häufiger kinderlos, weil keine Frau sie zum Vater ihrer Kinder erkürt.

Obwohl einige unter der Kinderlosigkeit leiden, trifft das für die meisten nicht zu. Die Kinderlosen als Gruppe sind sogar leicht glücklicher als die Eltern – vielleicht, weil sie mehr Zeit haben. Zeit, die sie vermehrt für Sinnstiftendes und Philanthropisches einsetzen. Eine deutsche Studie fand heraus, dass 42 % der Förderstiftungen von kinderlosen Personen gegründet wurden. In den Testamenten von 48 % der in den USA kinderlos Verheirateten im Alter von über 55 Jahren fand sich 2014 ein Vermächtnis für eine wohltätige Organisation. Dagegen taten dasselbe nur 12 % der Eltern und 8 % der Grosseltern. Seit dem Erscheinen dieser Statistik sind die Amerikanischen Universitäten, welche ja stark auf Vergabungen angewiesen sind, äusserst interessiert zu wissen, ob ihre Alumni Nachkommen haben.

In Wohlstandsgesellschaften wird sich die Kinderlosigkeit künftig kaum verringern. Grund genug, sich zu überlegen, wie man das Spendersegment „Kinderlose“ gezielt angehen könnte. Angebote sollten sicher, den Wunsch nach persönlichem Engagement der Spender und dass die Entscheider meist weiblich sind, berücksichtigen. Und wer Kinderlose frühzeitig binden will, sollte sie bereits in ihren Vierzigern ansprechen.

Teilweise in Anlehnung an „The rise of childlessness“, The Economist 27. Juli 2017

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