Die parlamentarische Initiative von Ständerat Luginbühl (BDP) will den Stiftungssektor mit acht Massnahmen stärken: Von der regelmässigen Publikation von Daten steuerbefreiter Stiftungen über eine erleichterte Änderung der Stiftungsurkunde bis hin zur Anerkennung einer angemessenen Honorierung von Stiftungsräten (hier der ganze Initiativtext). Die Initiative ist seit Dezember 2014 „unterwegs“. Nach der Behandlung und Annahme im Ständerat berät nun die Rechtskommission des Nationalrats am 13. Oktober die Initiative, dies bereits zum zweiten Mal.
Erstaunlich ist bei alledem – und man glaubt es kaum: Die Positionen der beiden Stiftungsverbände swissfoundations und proFonds zu dieser Initiative könnten konträrer nicht sein:
- proFonds unterstützt die Initiative. Sie halte, neun Jahre nach der letzten Gesetzesrevision, das Schweizer Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht auf der Höhe der Zeit und auch im internationalen Umfeld attraktiv und konkurrenzfähig. Positionspapier proFonds
- Swissfoundations lehnt die Initiative dezidiert ab. Es fehle ihr eine klare strategische Stossrichtung. Die Gefahr einer „Verschlimmbesserung“ des geltenden Rechts im parlamentarischen Verfahren sei weitaus grösser als die Vorteile, die mit den kleinteiligen Verbesserungen erreicht werden können. Die Initiative sei eine Zwängerei und entspreche nicht den Anliegen des gemeinnützigen Stiftungssektors. Positionspapier swissfoundations
Beide Verbände haben die Nationalräte im Hinblick auf den 13. Oktober intensiv bearbeitet. Was die sich wohl denken?
Unabhängig davon, wie man sich zur Initiative stellt und welchen Weg sie letztlich gehen wird: Kann es sich der Stiftungssektor wirklich leisten, auf der politischen Bühne so uneinig und gar zerstritten aufzutreten? Die Glaubwürdigkeit des Sektors und das Vertrauen in seine Selbstregulierungskraft scheinen mir dadurch stark beschädigt. Und das ist ja wohl genau das Gegenteil von dem, was beide Verbände wollen. Statt sich politisch gegenseitig an die Gurgel zu greifen, wäre es doch sehr viel wertvoller, ein gemeinsames Zukunftsbild des Stiftungssektors zu entwickeln und dieses auch gemeinsam zu vertreten. Das wäre politische Schlagkraft! Und eine Stärkung des Sektors nach innen noch dazu.
Im November ist der grosse Schweizer Stiftungstag 2016 von proFonds (siehe unten). Vielleicht erzählen uns François Geinoz oder Christoph Degen etwas dazu?
Ein Hinweis am Rande:
Sowohl proFonds als auch swissfoundations sind sich zumindest in einem Punkt einig: Beide fordern resp. unterstützen ganz offiziell die Einführung eines öffentlich zugänglichen Stiftungsverzeichnisses, swissfoundations zum Beispiel in ihrem aufschlussreichen politischen Positionspapier vom Juli 2014. Das freut mich sehr. Denn dieses gibt es inzwischen: www.StiftungSchweiz.ch . Diesen Punkt könnten die Verbände eigentlich abhaken.