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Wer oder was ist eigentlich gemeinnützig?

„Wer oder was ist eigentlich gemeinnützig?

Im Alltag treffen wir immer wieder auf Begriffe mit dehnbarer oder schwammiger Bedeutungen. Gemeinnützigkeit ist einer davon. Welche Organisationen sind gemeinnützig? Und welche behaupten das nur? Gibt es Kriterien für Gemeinnützigkeit? Oder anders gefragt: Was bedeutet eigentlich «Gemeinnützigkeit»?

Gemeinnützigkeit als Begriff

Gemeinnützigkeit ist kein geschützter Begriff. Im Gegensatz zu gewissen Labeln oder Zertifizierungen (wie bspw. Zewo) kann sich jede Organisation gemeinnützig nennen. Hinzu kommt, dass es keine allgemeingültige Definition gibt – jede und jeder versteht ein bisschen etwas anderes darunter. Zwei Kriterien scheinen aber den meisten Definitionen gemein zu sein: die «Uneigennützigkeit» und das «nicht Gewinnorientierte».

Uneigennützig bedeutet, dass die Tätigkeit einer Person nicht ihr selbst, sondern anderen und damit meist einem grossen Personenkreis zugutekommt. Ob das nun die allgemeine Öffentlichkeit oder nur eine spezifische Zielgruppe – bspw. Kinder mit einer Krebskrankheit – ist, spielt dabei keine Rolle.

Bei einer nicht gewinnorientierten Tätigkeit steht «Geld verdienen» nicht im Zentrum der Tätigkeit. Es soll vielmehr ein sozialer, kultureller oder auch ökologischer Nutzen erzielt werden. Mögliche Einnahmen – durch den Verkauf von Produkten oder Spenden und Fördergelder – sollen vor allem die Kosten decken. Nicht selten wird gar kein eigenes Geld verdient. Angebote oder Tätigkeiten werden den Zielgruppen gratis zur Verfügung gestellt.

Gemeinnützig heisst also, uneigennützig und nicht gewinnorientiert. Eine weitere mögliche Definition ist die Gleichsetzung der Gemeinnützigkeit mit der Steuerbefreiung.

Gemeinnützig und steuerbefreit

Einziges objektives Kriterium in der Schweiz ist die Steuerbefreiung. Sobald eine Organisation steuerbefreit ist, wird sie als gemeinnützig anerkannt. Damit liegt die Obhut darüber, was wir als Gesellschaft als gemeinnützig ansehen, gewissermassen in den Händen der Steuerämter.

Die Steuerbefreiung ist Sache der Kantone und so haben wir es mit mehr oder weniger 26 verschiedenen Definitionen der Gemeinnützigkeit zu tun. Denn die Richtlinien, Auflagen oder benötigten Unterlagen variieren von Kanton zu Kanton.

Ein Beispiel: In gewissen Kantonen muss eine Organisation ihre Aktivitäten bereits seit mindestens drei Jahren durchführen, bevor sie eine Steuerbefreiung beantragen kann. In anderen Kantonen wiederum reichen die Unterlagen der letzten ein bis zwei Jahre. Es gibt also grosse Unterschiede, wie lange eine Organisation bereits tätig sein muss, um die Steuerbefreiung zu erhalten.

Ein weiterer Unterschied findet sich in der Transparenz der Steuerämter. Kantone wie bspw. Nidwalden, Genf oder Appenzell Innerrhoden führen keine Liste der steuerbefreiten Organisationen ihres Kantons. Nachfragen ist ebenso zwecklos wie eine Internetrecherche. Die Kantone Zürich, Aargau oder auch Bern veröffentlichen auf ihren Webseiten hingegen Listen mit den steuerbefreiten Organisationen ihres Kantons. Und Kantone wie z.B. Graubünden, Basel-Stadt oder Uri veröffentlichen Listen, die sowohl die Organisationen aus ihrem Kanton als auch aus anderen Kantonen enthalten – teilweise sogar aus den Kantonen, die diese Info gar nicht veröffentlichen.

Auch wenn die Steuerbefreiung ein «objektives» Kriterium für Gemeinnützigkeit ist – was genau dahintersteckt, ist oft sehr unterschiedlich. 

Gemeinnützigkeit bei StiftungSchweiz

Um aus diesem Dschungel aus Ungereimtheiten einen Weg zu finden, haben wir von StiftungSchweiz genau definiert, welches Verständnis von Gemeinnützigkeit wir haben und anwenden. Eines ist klar: Wir fassen diesen Begriff weiter als die reine Steuerbefreiung. So sind auf stiftungschweiz.ch auch Organisationen zugelassen, die nicht steuerbefreit, aber eben trotzdem gemeinnützig sind. Drei Beispiele dazu:

  • Viele Sport- und Kulturvereine bspw. Theater- und Tanzgruppen oder oder ein Rugby-Verein sind nicht steuerbefreit, weil die Steuerbehörden diese nicht als «uneigennützig» ansehen. Wir finden aber, dass gerade diese Vereine meist viel für die Kinder, Jugendlichen aber auch Erwachsenen einer Region tun und darum unsere Definition der Gemeinnützigkeit erfüllen. Hinzu kommt, dass viele Sportvereine im Bereich der Nachwuchsförderung auf finanzielle Unterstützung von Förderstiftungen oder Unternehmen angewiesen sind. Und da wir allen Akteuren des gemeinnützigen Sektors eine Plattform bieten möchten, gehören auch diese Vereine für uns dazu.
  • Viele kleinere Vereine können oder wollen den administrativen Aufwand einer Steuerbefreiung nicht bewältigen. Ihre Einnahmen sind teilweise auch so gering, dass sich der Aufwand nicht lohnen würde. Trotzdem leisten auch diese gemeinnützige Arbeit und sollen damit den Zugang zu unserer Plattform haben.
  • Ein weiteres Beispiel sind profitorientierte Unternehmen, die für ein gemeinnütziges Projekt – zum Beispiel ein Forschungsprojekt – Finanzierungspartner oder auch Implementierungspartner suchen. Auch diese sollen unsere Plattform zur Vernetzung nutzen können.

Einzig für das direkte Erhalten von Spenden über stiftungschweiz.ch ist– aus geldwäschereigesetzlicher Sicht – eine Steuerbefreiung nötig.

Gemeinnützigkeit ist und bleibt damit ein dehnbarer Begriff. Denn der gemeinnützige, philanthropische Sektor ist ein heterogener, vielfältiger und bunter Sektor aus den unterschiedlichsten Organisationen, Aktivitäten und Tätigkeiten. Und das ist auch gut so.

Weiterführende Links:

https://www.unilu.ch/fileadmin/fakultaeten/rf/opel/dok/Opel_Die_Sache_mit_der_Gemeinnuetzigkeit_SM_1068.pdf

https://www.zh.ch/de/steuern-finanzen/steuern/steuern-juristische-personen/steuerwissen-juristische-personen/steuerbefreiung-fuer-eine-juristische-person-beantragen.html“

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