Vor drei Tagen den Brief versendet, heute das Telefonat durchgeführt, die Woche darauf das E-Mail verschickt, nach wenigen Tagen die passende Botschaft über Social Media gepostet. So oder ähnlich integrieren Organisationen telefonische Aktionen in ihrem Fundraising-Mix. Doch warum setzen sie überhaupt Telefon-Fundraising ein und wie gehen sie dabei vor?
Telefon-Fundraising ist Beziehungsaufbau
Definition Telefon-Fundraising: Telefon-Fundraising, auch Telemarketing oder Telefonmarketing genannt, ist eine Massnahme innerhalb des Fundraising-Mix, um neue Spender:innen zu gewinnen, sie weiterzuentwickeln, damit sie mehr oder regelmässiger spenden, und um verlorene Spender:innen zu reaktivieren.
Die Kosten pro Kontakt sind im Vergleich zu einer Mailing-Aktion (Briefversand per Post) zwar um ein Vielfaches höher. Doch dafür lässt sich eine Beziehung aufbauen und ein Gespräch führen, bei dem Fundraiser:innen auf individuelle Wünsche der Spender:innen eingehen können. Potenzielle Spender:innen bekommen über ein Telefonat viel mehr Aufmerksamkeit als bei jeder anderen Fundraising-Massnahme, denn ein echter Dialog ist möglich. So zahlt sich Telefon-Fundraising für Organisationen oftmals mittel- bis langfristig trotz der höheren Kosten aus.
Telefon-Fundraising als Teil des Fundraising-Mix
Einige Organisationen setzen erfolgreich ausschliesslich auf Telefon-Fundraising. Andere setzen es als Ergänzung zu anderen Massnahmen ein. Zum Beispiel indem sie via Telefonaktion ihre Post-Mailings ankünden oder Telefon-Fundraising für bessere Grossspenden-, Legat-, Nachlass-Fundraising-Ergebnisse einsetzen.
Stimme aus der Praxis:
«Bei uns macht Fundraising via Telefon nur einen kleinen Teil des Fundraising-Mix aus und wird lediglich flankierend eingesetzt.»
Angela Hartmann, Leiterin Fundraising beim Dachverband Schweizerischer Gehörlosenbund (SGB-FSS).
Eine wichtige Aufgabe der Organisation ist es, ihre Spender:innen mit ihren unterschiedlichen Vorlieben in der Ansprache kennenzulernen und die Kommunikation entsprechend auszurichten. Denn wer sich gerne über Strassen-Fundraising als Neuspender:innen gewinnen lässt oder E-Mail bzw. Postbrief bevorzugt, eignet sich ggf. weniger für Telefonaktionen.
Upgrading- und Reaktivierung-Calls sind erfolgversprechend
Auch «Upgrading-Calls», bei denen bestehende Spender:innen zu grösseren Spendensummen motiviert werden, setzen Organisationen erfolgreich ein. Eine beachtliche Anzahl ehemalige Spender:innen kommt zudem über «Reaktivierung-Calls» wieder zurück, wenn sie ein interessantes Projekt überzeugt. Ebenso lassen sich Spender:innen, die ihren Spendenprozess z. B. aufgrund technischer Probleme nicht abschliessen konnten, zum Spenden motivieren. Oft wiederholen Sie nach einem Anruf sogar die fehlgeschlagene Spende.
Stimme aus der Praxis:
«Bei Organisationen sind <Welcome-Calls> für neu gewonnene Spender:innen beliebt.»
Walter Spahni, Teamleiter Contact Center bei Corris AG.
Relevant ist für Organisationen neben diesen Telefon-Fundraising-Strategien auch der telefonische «Spendenservice». Hier gilt es, die Anliegen der Spender:innen wie z.B. Spendenänderungen aufzunehmen und Rückfragen zu beantworten. Um interne Ressourcen zu schonen, kann dieser «Spendenservice» auch ausgelagert werden.
Beispiel aus der Praxis:
PluSport, die Fachstelle für den Behindertensport in der Schweiz, und der Schweizerische Gehörlosenbund SGB-FSS führen Telefon-Fundraising besonders erfolgreich mit bestehenden Spender:innen durch. Sie segmentieren nach den drei Zielen Bindung, Upgrading oder Reaktivierung. So ergab beim SGB-FSS z. B. die Reaktivierung von ehemaligen Fördermitgliedern über Lastschriftverfahren (LSV) oder Debit Direct (DD) gute Ergebnisse. Basis für den Erfolg war die Adressselektion: Es wurden nur Ehemalige ausgewählt, bei denen das Kündigungsdatum noch nicht zu lange zurücklag. Hingegen lieferte Telefon-Fundraising zur Neuspendergewinnung bisher weniger vielversprechende Ergebnisse.
So beginnen starten Sie Ihr Telefon-Fundraising:
- Daten analysieren: Je aktueller und besser gepflegt die Datenbasis, desto erfolgreicher die Durchführung
- Spender:innen identifizieren und Spendergruppen bilden
- Ziele festlegen (Neuspendergewinnung, Upgrade, Reaktivierung etc.)
- Kosten vergleichen, um einzuschätzen, ob und ab wann sich Telefon-Fundraising für Ihre Organisation lohnt
Mit strukturiertem Telefon-Fundraising zum Erfolg
Das Vorgehen bei einem strukturierten und gut geplanten Telefon-Fundraising ist vergleichbar mit anderen Massnahmen: Ziele und Zielgruppen aufgrund vorangegangener Analysen und Auswertungen definieren, Spendenprojekt auswählen, Massnahmen planen, ggf. Telefonagent:innen schulen, Telefon-Fundraising durchführen, monitoren, analysieren, dokumentieren.
Zentral bei der Planung ist vor allem die Wahl des Projekts, die persönliche Schulung der Telefonagent:innen und die Aufbereitung der Dokumentation. Die Erfahrung zeigt: Telemarketingagent:innen, die persönlich von der Organisation geschult werden, telefonieren überzeugter und erfolgreicher. Zudem schätzen langjährige Agent:innen diesen persönlichen Austausch mit der Organisation.
Stimme aus der Praxis:
«Die Schulung mache ich persönlich und erlebe immer wieder, wie wichtig es ist, damit die Telemarketingagent:innen die Organisation und das Projekt gut kennen. Ich bin überzeugt, dass damit die Agent:innen besser telefonieren.»
Regula Muralt, Leiterin Marketing & Mittelbeschaffung bei PluSport.
• Schnell
• Direkt
• Persönlich
• Individuellere Ansprache, abgestimmt auf das bisherige Spenderverhalten
• Kennenlernen der Spender:innen (Spendenmotive, Erwartungen, Vorstellungen, Adressverifizierung usw.)
• Aktive Förderung von Bekanntheit und Image der Organisation
• Wertschätzung durch Danksagung
• Auslagerung einfach möglich
• Hohe Kontaktkosten
• Tiefe Kontaktanzahl (Nettokontakte)
• Personalintensiv
• Schlechte Erreichbarkeit der angewählten Personen
• Negatives Image durch Marketinganrufe anderer Unternehmen
• Datenschutz: Keine Kaltakquise ohne Geschäftsbeziehung
Stimme aus der Praxis:
«Es gibt Spendergruppen, die immer noch gut auf Anrufe reagieren und grosse Beträge spenden. Essenziell sind die <Nachbearbeitung> mit einem Brief, der auf das zu unterstützende Projekt eingeht, und das Dankesschreiben.»
Regula Muralt, Leiterin Marketing & Mittelbeschaffung bei PluSport.
Danke!
Danke an Regula Muralt, Leiterin Marketing & Mittelbeschaffung bei PluSport, sowie Angela Hartmann, Leiterin Fundraising beim Dachverband Schweizerischer Gehörlosenbund (SGB-FSS), und Walter Spahni, Teamleiter Contact Center bei Corris AG, für ihre Zeit und den wertvollen Input. Die Interviews mit den drei Fachpersonen dienten als Grundlage für diesen Blogbeitrag.
Tipps für den Austausch zum Fundraising
Der Schweizer Verband für Fundraiser:innen bietet seinen Mitgliedern Webinare, Seminare, Events an: https://swissfundraising.org/events-sf/
Regelmässig werden zudem Swissfundraising-Erfa-Treffs in verschiedenen Schweizer Städten durchgeführt: https://swissfundraising.org/events-sf/erfa-treffs/