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Über die politische Macht von Stiftungen

In welcher gesellschaftlichen Rolle sieht sich eine Stiftung? Unabhängig vom jeweiligen Selbstbild: Stiftungen sind anhand ihrer gemeinnützigen Tätigkeit in ihrer Summe automatisch ein einflussreicher Akteur der Zivilgesellschaft. Sie repräsentierten zumindest einen Teil der Bevölkerung durch ihre vielfältigen Handlungsansätze. Sie nehmen sich gesellschaftspolitischer Herausforderungen an, für welche ein öffentlicher Bedarf besteht und die der Staat nicht oder noch nicht angegangen ist. Damit wirken sie gegenüber dem Staat als ausgleichendes Gegengewicht. 

Mit dieser Rolle kommt den Stiftungen nicht nur viel Verantwortung zu, sondern auch viel Macht. Schaut man z.B. nach Ungarn, Russland oder in die Türkei, wo autokratische Regierungen Stiftungen einschüchtern und sie in ihren Freiheiten einschränken, wird diese politische Macht augenscheinlich. In der Schweiz ist der Bedarf an politischem Korrektiv zum Glück nicht so virulent. Trotzdem lässt sich auch hier feststellen, dass Stiftungen auf politischer Ebene reagieren, wenn Bedarf besteht. Das zeigt sich exemplarisch am Thema ‘Demokratie’. 

Gesellschaftspolitische Förderschwerpunkte

Entscheidend für den Erhalt der Demokratie sind unabhängige Medien sowie mündige und verantwortungsbewusste Bürger mit einem eigenständigen Urteilsvermögen. In Zeiten von Fake News, Medienmanipulation, Populismus, schwindendem Verständnis vom demokratischen System sowie steigenden Prozentzahlen von Personen, die keine Informationsmedien konsumieren (rund 36%!), scheinen die Voraussetzungen für eine funktionierende Demokratie in Gefahr. Als Reaktion darauf haben einige Stiftungen, in Ausführung ihrer Rolle als gesellschaftspolitisches Korrektiv, innerhalb der letzten Jahre neue Förderschwerpunkte entwickelt. Drei davon möchte ich nachfolgend hervorheben:

Journalismusförderung

Informationsmedien sind zunehmend ein defizitäres Geschäft und bedürfen der Förderung. Bis vor kurzem aus Gründen der Unabhängigkeit noch Tabuthema für Förderer, haben Stiftungen die Unterstützung von Qualitätsjournalismus, als tragender Pfeiler einer demokratischen Gesellschaft, während der letzten Jahre diskutiert und teilweise in ihr Förderportfolio aufgenommen.

Bildung

2018 wurden im Zweckbereich ‘Bildung’ überproportional viele Stiftungen gegründet. Stiftungen setzen vermehrt einen Akzent auf die Förderung von demokratischen Kompetenzen der nachkommenden Generationen. Stichworte hierfür sind Medienkompetenz, politische Bildung, Demokratieverständnis. 

Partizipation

Eine Demokratie funktioniert umso besser, je mehr die Bevölkerung aktiv daran teilnimmt. Das Thema Partizipation ist zur Zeit in aller Munde. Auch Stiftungen entdecken es für sich mit dem Ziel, einen Beitrag dafür zu leisten, dass die Bevölkerung ihre Gesellschaft verantwortungsvoll mitgestaltet. 

Bedeutung eines Machtbewusstseins

An diesen neuen Förderschwerpunkten lässt sich die politische Aktivität des hiesigen Stiftungssektors festmachen. Dies, obwohl die meisten Stiftungen politisch gar keine Flagge bekennen, sondern neutral sind.

Wichtig scheint mir, dass sich die Stiftungen dieser Macht bewusst sind und verantwortungsvoll damit umgehen. Sie tun dies, indem sie ihr Handeln konsequent, uneigennützig und transparent in den Dienst des Gemeinwohls stellen. Und indem sie in ihrer – bewusst oder unbewusst gewählten – politischen Rolle immer wieder bestehende Strukturen kritisch hinterfragen. 

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