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Stiftungen, die dann doch nicht gegründet wurden

Mitte Mai wird wieder der Schweizer Stiftungsreport erscheinen. Unter anderem wird er uns berichten, wieviele neue Stiftungen in der Schweiz im vergangenen Jahr gegründet wurden. Alleine an bundesbeaufsichtigten Stiftungen waren es 147. In keiner Statistik erscheinen natürlich jene Stiftungen, deren Gründung ursprünglich geplant (oder mindestens in Erwägung gezogen) worden war, die dann aber doch nicht ins Leben gerufen wurden. Dafür gibt es verschiedene Hintergründe, denen wir heute nachgehen wollen.

Stiftungen sind Projektionsflächen …

Eine Stiftung zu gründen, erscheint landläufig als ein nachahmenswertes Unterfangen. Ob es auch ein sinnvolles ist, wird dabei kaum je in Frage gestellt. Stiftungen sind schliesslich in vielerlei Hinsicht ideale Projektionsflächen: Stiftungen sind reich, Stiftungen sind „luschtig“, Stiftungen sind für alles gut …

Wenn man sich lange mit der Organisationsform und Rechtsfigur «Stiftung» beschäftigt, wird man sich plötzlich bewusst, wie oft man schon Situationen begegnet ist, bei denen Stiftungen – entgegen der ursprünglichen Intention – dann doch nicht gegründet wurden. Bestimmte Überlegungen hatten eine stifterwillige Person von ihrem Vorhaben abgehalten. Oder vertiefte Abklärungen hatten zur Einsicht geführt, dass eine Stiftung doch nicht die passende Rechtsform wäre.

… aber halt keine «Alleskönnerinnen».

Ein Bekannter von mir, in Stiftungsangelegenheiten gar nicht unbedarft, sagte mir mal, er hätte auf die Gründung einer eigenen Förderstiftung verzichtet. Er könnte doch nicht das notwendige Vertrauen in dereinst nachfolgende Stiftungsratsgenerationen aufbringen; er zweifle an deren uneigennützigen Geschäftsgebaren und gleichzeitig an deren Fähigkeit, für den langfristigen Vermögenserhalt der Stiftung zu sorgen. Klar, das Stiftungswesen ist in mancherlei Hinsicht ein «Vertrauensbusiness».

Eine andere Person war mit dem Verkauf der eigenen Firmen-AG beschäftigt und dabei motiviert, einen beträchtlichen Teil dessen Erlöses in eine gemeinnützige Stiftung einzulegen. Spät musste der Unternehmer dann noch realisieren, dass ganz ohne Besteuerungsrunde diese Transaktion doch nicht möglich wäre. Seine Freigebigkeit in Kombination mit anvisierten Steuerspareffekten lebt er heute nun aus, indem er Einzelvergabungen in dem von ihm anvisierten Sozialbereich tätigt. Dabei lässt er sich durch eine befreundete Stiftung mit ausgeprägtem Förder-Knowhow beraten.

Immer wieder keimen Phantasien bezüglich Stiftungsgründungen für kaum finanzierbare Förderzwecke auf. Idealisten wollen Stiftungs-Luftschlösser in die Welt setzen, die auf dem Fundament des Gründungskapitals von 20’000 Franken (dem Minimum in bestimmten Kantonen) quasi herumgeistern würden, um als «Zombie-Stiftungen» bis ans Ende der Zeit auf Impakte zu hoffen, hätten nicht gute Seelen solche Ideen ausgeredet.

Im Rahmen meiner Beratertätigkeit musste ich schon wiederholt feststellen, dass die Stiftung zu Unrecht als ideale Rechtsform zur Lösung einer ganz bestimmten Konstellation, z.B. einer betrieblichen Nachfolgeregelung betrachtet wurde. Eine Stiftung ist für eine dauerhafte Unternehmensnachfolge nur bei vordergründiger Betrachtung (oder in gewissen Einzelfällen) die geeignete Rechtsform: Ein Forschungsinstitut im Kleid einer Kollektivgesellschaft in eine Stiftung umwandeln, oder einen Verlag in einem Aktienmantel in eine Stiftung mutieren lassen? Fehlanzeige! Sofern nicht eine vollständige Steuerbefreiung a priori erwartbar ist, ist eine Stiftung im Habitus einer Unternehmung unattraktiv, da sowieso viel zu starr und für Herausforderungen in unbekannter Zukunft viel zu unflexibel. Für das Forschungsinstitut und für den Verlag bietet sich – wenn vielleicht nicht die Genossenschaft – dann die Aktiengesellschaft an, die ja auch gemeinnützige Teile umfassen kann.

Eine Stiftungsgründung will wohlüberlegt – und wohlberaten sein!

Dass die Schweiz ein Land mit rekordhoher Stiftungsdichte ist, das freut uns alle. Unserem Stiftungsplatz nützen aber missverständliche Stiftungen mit inadäquaten Zwecksetzungen, ohne genügende Mittelausstattungen und ohne geeignete Governance-Strukturen wenig. Nicht schlecht ist es deshalb, wenn die eine oder andere Stiftungsgründung unterbleibt – beispielsweise weil dem potentiellen Stifter erfolgreich davon abgeraten wurde.

Empfehlung:

Philanthropisch handeln kann man auch ohne „eigene“ Stiftung, z.B. über direktes Spenden, über einen Fonds in einer Dachstiftung – oder aber mit einem Instrument, auf das ich in meinem Mai-Blog eingehen werde.

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