Als Gegenleistung zu ihrer Steuerbefreiung sind Förderstiftungen, gleich wie der Staat, dem Gemeinwohl verpflichtet. Der Staat legitimiert sein Handeln demokratisch. Und Förderstiftungen? Ihr Stifter oder ihre Stifterin hat sich den Auftrag inklusive der dafür notwendigen Finanzen selbst gegeben. Grundlage waren seine persönlichen Überzeugungen und thematischen Vorlieben. Die Motivation, zu handeln, geht dabei bei den beiden Akteuren graduell von individueller Leidenschaft bis hin zu purer Technokratie. Beide müssen für ihre Arbeit ein Gleichgewicht zwischen diesen Polen finden.
Nachstehend möchte ich die Perspektive der Förderstiftungen beleuchten. Im Idealfall verbindet die Förderung Gemeinwohl und Stifterinteressen. Doch diese Balance ist nicht leicht zu finden.
Stifterinteressen haben unterschätztes Potential
Auf der einen Seite gibt es immer wieder Förderungen, welche die Frage aufwerfen, inwiefern sie nun eine wirksame Leistung für das Gemeinwohl bieten und inwiefern die persönlichen Vorlieben des Stifters nicht zu sehr im Vordergrund standen. Auf der anderen Seite stelle ich zuweilen fest, dass, gerade bei ambitionierten Stiftungen, der ursprüngliche Antrieb, das Herzblut ihrer Stifterin oder ihres Stifters, auf der Strecke bleibt.
Abgesehen davon, dass damit ihre Arbeit manchmal kaum noch von der öffentlichen Hand zu unterscheiden ist, lassen sich solche Stiftungen einen wichtigen Vorteil entgehen. Denn die Überzeugungen des Stifters haben ein nicht zu unterschätzendes Potential. Je pointierter sie sind (oder neu interpretiert wurden), desto mehr dienen sie dem Stiftungsrat und der Geschäftsstelle als Motor. Die Stiftungsverantwortlichen können ihre Förderung auf der Grundlage einer ‚echten‘, intrinsischen Herzensangelegenheit aufbauen. Sie brauchen nicht tagelang an einer griffigen Mission zu tüfteln, denn die ist praktisch schon vorformuliert. Diese Mission ist es, die sie mit vereinter Kraft am selben Strick ziehen, die sie glaubwürdig und authentisch scheinen lässt. Eine solche Stiftung positioniert sich von alleine. Nicht zuletzt trägt sie zur Vielfalt innerhalb der (schwergewichtig staatlichen) Förderlandschaft bei.
Brückenschlag von Stifterinteressen zum Gemeinwohl
Doch wie gelingt der Brückenschlag von den Stifterinteressen hin zum Gemeinwohl? Indem die Stiftungsverantwortlichen ihr Augenmerk nicht auf die Stifterpersönlichkeit, sondern auf dessen gemeinnütziges (Herzens-)Thema mit seinem Bedarf legen. Mit diesem Fokus werden die Verantwortlichen zu Fachpersonen. Sie identifizieren sich in hohem Mass mit ihrer Stiftung und sind motiviert, eine echte und nachhaltige Verbesserung innerhalb des gewählten Themas zu erzielen. Proaktiv legen sie fest, welches die besten Massnahmen sind, um das Thema voranzubringen. Dabei kann eine Förderstiftung ihr Potential so richtig ausspielen. Denn sie kann weit mehr als nur finanzielle Transaktionen ausführen. Sie kann sich als Akteurin positionieren, die andere Akteure mit denselben Zielen zusammenzubringen vermag, die eine Bewegung anstiften kann, welche von alleine nicht entstünde, die neuen Herausforderungen ein Gehör verschaffen kann und somit innerhalb des Stifterinteresses (und nicht zuletzt auch dank diesem) eine bestmögliche Leistung für das Gemeinwohl erbringt.