Die Finanzbranche versucht seit 10 Jahren die Rechtsform des Trusts1 in der Schweiz einzuführen, obwohl ausländische Trusts1 zivilrechtlich anerkannt sind. Die hiesigen Vermögensverwalter erhoffen sich dadurch, gegenüber anderen Finanzzentren mit ausländischer Kundschaft konkurrenzfähig zu bleiben und den Anteil am weltweiten Vermögensverwaltungsgeschäft auszubauen.
Mit einem Swiss Trust würde die ganze Wertschöpfungskette und die vollständige Datenhoheit in der Schweiz bleiben. Somit könnten die gleichen Transparenzregeln, wie sie für ausländische Trusts in anderen Finanzzentren gelten, in Anspruch genommen werden. Damit hätten die Anbieter von Nachlassregelungen und die Verwalter des Nachlasses gleichlange Spiesse beim Schutz der Privatsphäre ihrer Klientel.
Gesetzesmühlen mahlen langsam …
2009 reichte die CVP die erste Trust-Motion ein. Das Parlament stimmte 2011 zu. Der Bundesrat wurde aber nicht aktiv und wollte die Motion 2012 sogar abschreiben. Die beiden Räte wehrten sich 2016 mit einer parlamentarischen Initiative dagegen und haben sich jetzt durchgesetzt. In dieser Frühlingssession haben sie den Bundesrat damit beauftragt, eine Gesetzesgrundlage zur Einführung von Trusts in das Schweizer Recht auszuarbeiten.
Unter Fachleuten, die zwar alle einen Bedarf an Schweizer Nachlassplanungsinstrumenten verorten, gibt es zwei Strömungen. Die einen fordern die Schaffung eines Schweizer Trusts, die anderen eine Lockerung der Bestimmungen für Familienstiftungen. Letztere argumentieren2: „Mit der (Familien-)Stiftung und der Treuhand verfügt die Schweiz … über Rechtsinstitute, die … zu tauglichen … Nachlassplanungsinstrumenten entwickelt werden können. Das wäre ein schnellerer, besserer und … verlässlicherer Schritt zu einer eigenständigen Schweizer Lösung als die Entwicklung eines unzulänglichen «Trusts à la Suisse».“
… aber die Hartnäckigkeit zahlt sich aus.
Die Hartnäckigkeit der Finanzbranche und ihrer Lobbyisten zu diesem Thema ist nicht erstaunlich, denn
- Nachlassregelungen sind neben Firmenverkäufen die mit Abstand wichtigste Quelle für Neugelder in der Vermögensverwaltung, und
- die Banken wollen ihren ausländischen Kunden ein Nachlassplanungsinstrument anbieten, dass ihnen von Hause aus bekannt ist.
Das Argument, dass der Trust ein rechtlich artfremdes Konstrukt sei, und man besser unser Stiftungsrecht überarbeiten sollte, wird die Finanzbranche deshalb nicht von ihrem Vorhaben abbringen.
Der Schweizer Trust als Chance für die Reform der Familienstiftung
Dass der Schweizer Trust kommen wird, bietet aber gleichzeitig eine Chance, die nicht verpasst werden sollte. Man kann nämlich mit Fug und Recht – quasi im Windschatten der mächtigen Finanzlobby – die gleichzeitige Anpassung des (Familien-)Stiftungsrechts verlangen. Es darf nicht sein, dass ein importiertes Rechtskonstrukt möglicherweise attraktivere Eigenschaften aufweist, als die in Gesetz und Usus seit Jahrhunderten verankerte Stiftung.
Sofern bereits hinter den Kulissen alles eingefädelt ist, ist dieser Beitrag gegenstandlos. Andernfalls ist Eile geboten. Ich bin sicher, dass – nach 10 Jahren Vorbereitungszeit – ein Vorschlag für ein Trust-Gesetz aus der Feder der Finanzbranche schon längst auf dem Tisch liegt. Bleibt zu hoffen, dass die Interessenvertreter für das Stiftungswesen genügend Lobby-Power haben, so dass der Bundesrat gleichzeitig die Revision der heimischen Nachlassplanungsinstrumente an die Hand nimmt.
1Trusts, als Form des Vermögensschutzes seit dem Mittelalter bekannt, sind in den angelsächsischen Ländern weit verbreitet. Dabei überträgt ein Errichter (Settlor) mittels Urkunde (Trust Deed) bestimmte Vermögenswerte (Trust Assets) unwiderruflich auf eine oder mehrere Personen (Trustees), die das Vermögen zugunsten eines oder mehrerer Begünstigter (Beneficiaries) verwenden müssen. Letztere geniessen unter gewissen Voraussetzungen Anonymität.
2Auszug aus dem Leserbrief von Michael Fischer, Balz Hösly, Natalie Peter, Tobias Somary, alle Rechtsanwälte in der NZZ vom 27.3.19