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Erwerbssuchende für die Freiwilligenarbeit gewinnen: Eine Win-win-win-Strategie?

Viele Nonprofit-Organisationen (NPO) sehen sich derzeit mit einem Mangel an Freiwilligen konfrontiert. Die Akquise von Erwerbssuchenden scheint eine mögliche Lösung zu sein, da diese theoretisch mehr Zeit zur Verfügung haben als Erwerbstätige. In der Literatur werden positive sowie negative Einflüsse von Freiwilligenarbeit auf Arbeitslosigkeit erwähnt, in der Praxis zeigt sich jedoch, dass die positiven überwiegen.
NPO sind auf Freiwillige angewiesen. In den letzten Jahren war bei der Anzahl der Freiwilligen in der Schweiz laut dem Freiwilligen-Monitor Schweiz 2016 ein leichter Rückgang zu verzeichnen und durch die steigende Anzahl an NPO verstärkt sich der Wettbewerb um Freiwillige. Es wird angenommen, dass fehlende Zeit eine der Hauptursachen dieses Rückgangs darstellt; Zeit, welche Erwerbssuchende mehr zu haben scheinen. Aber hat Freiwilligenarbeit nur positive Einflüsse auf Arbeitslosigkeit und ist somit die Akquise von Erwerbssuchenden für Freiwilligenarbeit eine Win-win-win-Strategie von der Erwerbssuchende, NPO sowie die Gesellschaft als Ganzes profitieren können?

Positive Einflüsse der Freiwilligenarbeit auf Arbeitslosigkeit

In der Literatur werden viele positive Effekte von Freiwilligenarbeit auf Arbeitslosigkeit genannt. Einerseits kann Freiwilligenarbeit Erwerbssuchenden dabei helfen, eine gewisse Struktur im Alltag beizubehalten, andererseits kann sie ihnen private Vorteile verschaffen: Erlernen neuer, jobrelevanter Fähigkeiten, Kontakte mit anderen Menschen knüpfen und das private Netzwerk ausbauen sowie die Möglichkeit, negative Gefühle zu verarbeiten. Auch kann Freiwilligenarbeit dazu genutzt werden, Lücken im Lebenslauf zu füllen. So erhöht Freiwilligenarbeit die Chance, eine Arbeitsstelle zu finden, da sie zudem als Signal bestimmter Charaktereigenschaften für potentielle Arbeitgeber dient.

Negative Einflüsse der Freiwilligenarbeit auf Arbeitslosigkeit

Jedoch kann sich Freiwilligenarbeit laut Literatur auch negativ auf Arbeitslosigkeit auswirken. Wenn Arbeitgeber vor allem Wert auf Diplome legen und Freiwilligenarbeit nicht als tatsächliche Arbeit anerkennen, da während dieser der Erwerb von Diplomen nicht möglich ist, funktioniert dieses Signal nicht und Freiwilligenarbeit kann das Finden einer Anstellung erschweren.

Erkenntnisse aus der Praxis

In der Praxis zeigt sich, dass Freiwilligenarbeit zwar auch einen negativen Einfluss auf Arbeitslosigkeit haben kann, wenn diese zum Ersatzjob ohne Verdienst wird oder der Arbeitssuche nicht mehr oberste Priorität zugeordnet wird, allerdings überwiegen die positiven Effekte. Diese steigern das Selbstwertgefühl der Erwerbssuchenden, wodurch sie anders in Bewerbungsgesprächen auftreten können. Auch das vergrösserte Netzwerk kann sehr nützlich für die Arbeitssuche sein. Wenn also darauf geachtet wird, die Tätigkeit nicht zu zeitintensiv zu gestalten und zeitlich zu begrenzen, um den negativen Effekten vorzubeugen, stellt die Gewinnung von Erwerbslosen für die Freiwilligenarbeit eine Win-win-win-Strategie dar.

Tipps für NPO, um Erwerbssuchende für Freiwilligenarbeit zu gewinnen:

  • Schaffen Sie Aufgaben mit höchstens sechs Stunden pro Woche und zeitlicher Begrenzung.
  • Betonen Sie bei der Freiwilligenakquise die unterschiedlichen Fähigkeiten und Kenntnisse, die während der Freiwilligenarbeit erworben werden können.
  • Gestalten Sie die Aufgaben so, dass soziale Kontakte garantiert sind und die Erwerbssuchenden ihr soziales Netzwerk ausbauen können.
  • Stellen Sie sicher, dass Sie den Freiwilligen ein „Dossier freiwillig engagiert“ ausstellen, das ihre Tätigkeit dokumentiert.

Literaturempfehlung:
Freitag et al. (2016). Freiwilligen-Monitor Schweiz 2016, Zürich: Seismo.

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